Heute, den 11.12.2024 9:00 Uhr, beginnt der Prozess gegen Boris Riek, Dimitrios M, und Pamela M. vor dem Amtsgericht Osnabrück wegen Insolvenzverschleppung. Dimitrios M. ist der Geschäftsführer der M. GmbH (A. das Familienrestaurant) in Melle und der Schwager von Boris Riek. Pamela M. ist Gesellschafterin und die Schwester von Boris Riek. Hinter der M. GmbH steht die Halterner Silbersee Vermietungsgesellschaft mbH. Die wiederum gehört zur Unternehmensgruppe Lange in Münster. Boris Riek sieht sich als Opfer im „Wirtschaftskrimi“ rund um den Silbersee II in Haltern am See. Die Insolvenz der M. GmbH sieht der Folge eben dieser Vorgänge.
Die Angaben zur Person
Die Angeklagten machen zunächst Angaben zu ihrer Person.
Boris Riek gibt an aktuell wohnungslos zu sein, ein Einkommen aus einer abhängigen Teilzeitbeschäftigung und Verbindlichkeiten in unbekannter Höhe zu haben. Er habe kein liquides Vermögen, er habe Beteiligungen an Unternehmen.
Dimitrios M. gibt an Einkommen aus seiner Berufstätigkeit zu haben und sich in der Privatinsolvenz zu befinden.
Pamela M. gibt an Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung zu haben und Verbindlichkeiten aus einer privaten Bürgschaft für ein geschäftlich genutztes KfZ zu haben.
Die Anklage
Dann verliest der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift.
Es geht um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung. Nach § 15a InsO „Antragspflicht bei juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften“ hätte der Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen müssen.
Anmerkung: Die gleiche Verpflichtung träfe Boris Riek, wenn er faktischer Geschäftsführer der M. GmbH wäre. „Eine persönliche Haftung des faktischen Geschäftsführers wegen Pflichtverletzung gegenüber der GmbH gem. § 43 Abs. 2 GmbHG wird angenommen, wenn dieser „die Geschicke der Gesellschaft – und zwar nicht nur durch interne Einwirkung auf die satzungsmäßigen Geschäftsführer, sondern durch eigenes, auch nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln – so maßgeblich in die Hand genommen hat, dass ihm auch die Verantwortung für die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags zufällt.“ BGH, NJW 1988, 1789 (1790).
Dadurch, dass die Verantwortlichen den Insolvenzantrag nicht rechtzeitig gestellt hätten, „haben sie andere Personen in wirtschaftliche Not gebracht“, so der Staatsanwalt.
- Der Staatsanwalt gibt Beispiele, wo Boris Riek als faktischer Geschäftsführer aufgetreten sein soll. Es ging u.a. um einen Prozess vor dem Arbeitsgericht Osnabrück.
- Er führt weiter aus, dass Sozialversicherungsbeiträge nicht oder nur teilweise abgeführt worden seien.
- Seit der Gründung würde keine ordentliche Buchführung vorliegen. Die BWA für das Jahr 2022 sei nicht belastbar.
- Es seien drei Mitarbeiter eingestellt worden, denen vorgespielt worden sei, dass eine Gehaltszahlung möglich sei. Es lägen zu diesen keine ordnungsgemäßen Lohnabrechnungen vor und es seien allenfalls nur Teilbeträge an diese Mitarbeiter gezahlt worden.
- Es sei trotz der Krise ein Darlehen von 7.900EUR an die Gesellschafterin Pamela M. zurückgezahlt worden.
- Die Verbindlichkeiten der M. GmbH haben fast eine Million EUR betragen.
Beim Amtsgericht Osnabrück ging erst am 10. März 2023 ein Insolvenzantrag ein. Der war aber wohl fehlerhaft. Am 6. April 2023 kam dann ein korrekter Antrag. Nach § 15a InsO „Antragspflicht bei juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften“ ist es auch strafbar, wenn man einen Insolvenzantrag nicht richtig stellt.
Die Verhandlung
Der Richter hat keine Zeugen geladen. Er möchte zunächst mit den Anwälten ein Rechtsgespräch führen. Als Rechtsgespräch bezeichnet man den im Rahmen eines Gerichtsverfahrens unternommenen Versuch des Gerichts und der Beteiligten, eine Verständigung („Deal“) zwischen den Parteien herbeizuführen.
Der Richter gibt den Angeklagten noch die Möglichkeit sich zum Sachverhalt zu äußern. Boris Riek möchte sich äußern. Das wird im Zuschauerraum auch so erwartet. Alle Verteidiger raten ihm aber davon ab, so dass er diesmal still bleibt.
Der Richter, der Staatsanwaltschaft und die Verteidiger ziehen sich über eine halbe Stunde zurück. Das Rechtsgespräch findet ohne die Angeklagten und ohne Öffentlichkeit statt.
Anschließend beraten sich die Angeklagten mit ihren Verteidigern auf dem Gerichtsflur. Nach gut einer viertel Stunde kommen sie mit dem Ergebnis in den Gerichtssaal zurück, eine Einigung komme nicht in Betracht.
Daher werden wohl drei Prozesstage ab Februar 2025 mit der Vernehmung von bis zu 17 Zeugen geplant.
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