Der Dokumentarfilmer
Zu Beginn der Verhandlung wird der Dokumentarfilmer, der Malte N. neben zahlreichen Unterstützern wohl bei seinen Gerichtsterminen begleitet, vom Richter aufgefordert bestimmte Aufnahmen, die er möglicherweise gemacht hat, zu löschen. Er geht mit seiner Kamera zum Richtertisch. Danach scheint die Sache geklärt.
Zeugenvernehmung im Akkord
Auch am dritten Prozesstag gegen Klimakleber Malte N. werden weitere Zeugen zu den verschiedenen der gut zwanzig Anklagepunkte gehört. Einige Zeugen können den heutigen Termin wohl nicht wahrnehmen, so dass es an diesem Tag keine „Nachmittagssession“ gibt. Wie schon zuvor haben einige Zeugen nur noch wenig Erinnerung an die Vorfälle bzw. können nur Bruchstücke des Ablaufs wiedergeben, da sie nur arbeitsteilig bei der Abarbeitung der Vorgänge beteiligt waren. Die Zeugen verweisen zum Teil auf die von ihnen gefertigten Aufzeichnungen.
Die Straßenblockaden
In Bezug auf die Straßenblockaden der Letzten Generation tauchen immer wieder die gleichen Fragestellungen auf.
- Wie lange hat die Blockade gedauert?
Durch die von der Polizei gesetzeskonform zu treffenden Maßnahmen wie das Heranführen weiterer Einsatzmittel für die Verkehrsregelung und das Ablösen der Klimakleber von der Fahrbahn, Feststellung einer Versammlungslage und Auflösung der Versammlung, Schutz der Aktivisten vor Übergriffen von genervten Autofahrern usw. kann man wohl nicht mit einer schnellen Beseitigung der Störung rechnen. Die Spanne dürfte in den konkreten Fällen nach den Aussagen der Zeugen auch abhängig von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten im Bereich von einer halben Stunde bis zu mehreren Stunden bis zum vollständigen Abschluss der Maßnahme liegen. - Wie lang war der durch die Blockade ausgelöste Stau und wie weit ist die mögliche Umfahrung?
Dies ist wohl stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Die Spanne für die Länge des Staus reicht hier wohl 100m bis zu einem halben Kilometer. Eine Umfahrung bedeutete in einem Fall gut 2 bis 3 Kilometer Umweg. - Hat es die Möglichkeit gegeben eine Rettungsgasse zu bilden?
Dies wurde in einem konkreten Fall von einem Zeugen verneint, wenngleich Malte N. immer wieder behauptet, dass es da ein System gäbe, wie man sich auf die Straße klebt, so dass immer eine Rettungsgasse möglich wäre. - Warum sind Fahrzeuge nicht durch die Lücke, die von den Aktivisten bewusst für eine Rettungsgasse freigelassen wurde, abgeleitet worden?
Das wird von den Zeugen mit Hinweis auf die mögliche Gefährdung der angeklebten Aktivisten und der Polizisten, die mit der Lösung des Klebers betraut sind, durch die dann sehr nah vorbeifahrenden Autos ausgeschlossen. Ein Zeuge verweist auf Fotos von der betroffenen Einsatzstelle. Diese werden in Augenschein genommen. - Immer noch führt Malte N. an man hätte seine Hände doch einfach von der Fahrbahn reißen können.
Einer der Zeugen schildert hier, dass er das für nicht möglich halte, ohne dass dabei erhebliche Verletzungen entstünden. Auf weitere Nachfrage führt er aus, dass er sich selbst nur mal zwei Finger mit Sekundenkleber zusammengeklebt habe. Einer der Zeugen merkt auf den Einwand von Malte N. an, dass er sich ja dann auch selbst hätte losreißen können. - Wie lange dauert es einen Klimakleber von der Fahrbahn zu lösen?
Je nachdem ob der Klimakleber nur mit Sekundenkleber oder zusätzlich mit Sand, einige Zeugen sprechen von Zement, an der Fahrbahn klebt ergeben sich wohl Zeiten von bis zu 30 Minuten. In einem Fall könnte das laut Malte N. deutlich schneller, innerhalb von Sekunden, gegangen sein. Die Anfahrt der „Spezialkräfte“ in dem Fall habe aber wohl laut Zeugen gut eine Stunde gedauert. - Gab es eine Versammlung, einen Versammlungsleiter und wie wurde die Versammlung aufgelöst?
Einige Zeugen bestätigen, dass der jeweilige Sachverhalt als Versammlung eingestuft wurde, der dann aufgelöst wurde. Es wurde wohl auch trotz entsprechender Vorbereitungshandlungen der Aktivisten von Spontanversammlungen ausgegangen. In einem Fall sei von den Aktivisten keine Versammlungsleitung benannt worden, daher sei die Auflösung der Versammlung den einzelnen Teilnehmern mehrfach mittgeteilt worden. Das ist in einem Video der Polizei dokumentiert, welches im Gerichtssaal durch Abspielen in Augenschein genommen wurde. - Wie war die „Stimmung“ vor Ort?
Die Zeugen beschreiben die Klimakleber als nicht kooperativ, aber nicht als aggressiv. So haben sie z.B., nachdem sie von der Fahrbahn entfernt wurden, wieder versucht auf die Fahrbahn zu gelangen.
Der Taxifahrer
In Köln ist ein selbständiger Taxifahrer in einen durch die Klimakleber ausgelösten Stau geraten. Der 60-jährige Taxifahrer erklärt, dass er in dritter oder vierter Reihe zum stehen gekommen ist. Er war bei der Arbeit. „Das ist meine Arbeitszeit!“. Das Gericht versucht zu klären wie hoch der Verdienstausfall war. Der Taxifahrer scheint nicht begeistert, dass er nun auch noch als Zeuge aussagen muss. Er möchte so schnell wie möglich wieder zurück nach Köln. Eine Entschuldigung von Malte N. lehnt der Taxifahrer ab.
Die Strafanträge
Der Richter verliest ein Schreiben der Stadt Köln. Die Stadt Köln verweist auf ein Handbuch, dass es ihren Bediensteten gestattet im Falle, dass es schnell gehen muss, unverzüglich Strafanzeigen zu erstatten. Damit geht die Stadt Köln davon aus, dass die Strafanträge für die Stadt form- und fristgerecht gestellt wurden. Der Richter teilte diese Ansicht wohl nicht, da es für einen Strafantrag ja eine Frist von 3 Monaten und damit keine Eile gäbe.
Das Video
Es wird ein Video der Polizei durch abschnittweises Abspielen in Augenschein genommen.
Der erste Teil zeigt, wie ein Polizist den Teilnehmer der Versammlung die Auflösung der Versammlung eröffnet. Diese wird den jeweiligen Teilnehmern gruppenweise mehrfach mitgeteilt. Wie oben schon beschrieben.
Der zweite Teil zeigt explizit, wie die Hand von Malte N. vom Asphalt gelöst wird. Diese scheint mit einer zementartigen Masse am Asphalt festgeklebt. Über 15 quälend lange Minuten sind zwei Polizisten damit beschäftigt die Hand von Malte N. Millimeter für Millimeter von der Fahrbahn zu lösen, während eine Polizistin das Ganze filmt. Der Zustand der Hand nach dem Ablösen wird ebenfalls dokumentiert. Der Verteidiger von Malte N. wendet sich nach dem Abspielen direkt an die Schöffen, das sei die in der Anklage erwähnte „Gewalt“. Woraufhin der Richter: „Wir werden die Problematik den Schöffen erklären!“. Hier geht es wohl in Zusammenhang mit Nötigung um die sogenannte „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“.
Die Experten
Der Verteidiger regt wohl an zwei „Experten“ für die „Angemessenheit“ und „Wirksamkeit“ solcher Protestformen zu hören. In Bezug auf die Angemessenheit sah sich der Richter wohl selbst in der Position diese beurteilen zu müssen und zu können.
Der benannte Experte ist wohl politischer Soziologe mit dem Schwerpunkt Protest- und Bewegungsforschung. „Er hat mit quantitativen und qualitativen Methoden zur kulturellen Einbettung von Protestbewegungen geforscht und ist dabei vor allem an der visuellen Darstellung und der medialen Vermittlung von Protestanliegen interessiert.“.
Die benannte Expertin hat die Forschungsschwerpunkte Protestbewegungen, politische Partizipation, Parteienwettbewerb, politische Kommunikation und angewandte quantitative Methoden, insbesondere quantitative Textanalyse und automatisierte Event Extraktion.
Es stellt sich die Frage, ob die benannten Experten dazu beitragen können die Strafbarkeit von Malte N. zu beurteilen oder ob der Letzten Generation eine politische Bühne vor Gericht ermöglicht werden soll.
Disclaimer
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