OLG Düsseldorf – Messerangriff von Solingen 3. Prozesstag

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Drei Opfer, die beim Messerangriff in Solingen schwer verletzt wurden, und ein Zeuge werden heute gehört. Die Betroffenen leiden auch mehr als 9 Monate nach dem Anschlag auf dem Fronhof in der Solinger Innenstadt an den Folgen.

Zuvor werden noch arabische Texte auf Bildern oder in Videos, die von der Medienstelle des IS „Amaq“ veröffentlicht wurden, von einem Sprachsachverständigen übersetzt. Unter anderem heißt es da: „Der Angreifer ist ein Soldat des IS.“.

Der 34-jährige gebürtige Iraner Siavash H. schildert seine Erinnerungen an das Festival. Er war mit einem Freund auf dem Weg zu einem Geldautomaten als er sich entschloss vor der Bühne auf dem Fronhof noch schnell ein kurzes Video für Instagram aufzunehmen. „Es war reiner Zufall, dass wir da stehen geblieben sind.“. Es sei schon dunkel gewesen. Nach der Aufnahme des Videos habe er nur für eine Sekunde den Täter gesehen. Er habe noch versucht sich zu drehen. Der Täter habe ihn aber in den Nacken schneiden können. Er habe bemerkt, wie sein Hals brenne und sich den Hals gehalten. Er habe bemerkt, da komme Blut mit Druck. „Scharf kann man nicht sehen.“ entgegnet er auf die Frage des Richters, ob er das Messer gesehen habe. Der Zeuge hat eine 15 cm lange und 1,5 cm tiefe Schnittwunde erlitten. Bilder der Verletzung werden in Augenschein genommen. Er sei immer noch verletzt und auch weiter in psychologischer Behandlung, schildert der Zeuge seine heutige Situation. Er habe seitdem elf Kilo abgenommen. Der Richter versucht noch mit Hilfe einer Skizze und Videos die genaue Position des Zeugen vor der Bühne und die Reihenfolge der Taten zu klären.

Es folgt Volker E., ein 61-jähriger Lehrer aus Solingen. Er schildert, dass er nur einen Moment lang vor der Bühne gestanden habe. Es sei vor der Bühne nicht sehr voll und die Musik sei sehr laut gewesen. Er habe Rufe gehört. Dann habe er einen Zusammenprall gespürt und die Musik habe aufgehört zu spielen. Er habe geblutet. „Ich wusste, dass ich schwer verletzt war.“. Er habe jemanden gefragt, ob er einen Notarzt rufen könne. Ob er jemanden kommen sehen habe, fragt der Richter nach. Der Täter sei von hinten gekommen. Er habe ein Rufen von links hinten gehört, das arabisch geklungen habe. Wie die Wunde verheilt sei, fragt der Richter. Er habe keine Kraft in dem Arm und die Bewegungsfähigkeit sei eingeschränkt. Es sei schon besser geworden. Bis zu einem Jahr könne es besser werden habe man ihm gesagt. Er gehe wieder unter Leute, sei auch auf einem Konzert gewesen. Man schaue sich um, erklärt er dazu. Die Bilder von der Stichverletzung und der Narbe werden in Augenschein genommen. Auch hier versucht der Richter die genaue Position des Zeugen vor der Bühne und die Reihenfolge der Taten zu klären.

Der Dritte, Michael K, ein 61-jähriger Industriekaufmann aus Solingen, erzählt er habe zusammen mit einem Freund [Der Freund sagt später als Zeuge aus.] erst zwei bis drei Minuten in 10 bis 15 Meter Entfernung links vor der Bühne gestanden als der Angreifer an ihnen vorbeigesprungen sei. Er habe gedacht, es sei eine Schlägerei im Gange. Er habe den Ruf „Allahu Akbar“ vier bis fünfmal gehört. Er habe gespürt, wie es an seiner Schulter warm geworden sei. Er habe gemerkt, wie das Blut pulsiert. Er habe dagestanden und gedrückt, gedrückt, gedrückt. Er habe gehört „Verstorben“. Er habe gesehen, wie ein Mann verstorben sei. Er habe geglaubt zu sterben „Da geh ich jetzt als erster.“. Da sei es hinten sehr stark voll Blut gewesen. Er habe gedacht „Ich brauchte jetzt auch Hilfe.“ Er habe im Notarztwagen etwas warten müssen. Dann ging es nach Solingen ins Krankenhaus. Im Schockraum sei er klar gewesen. Er habe einen 7 cm langen Schnitt erlitten. Es seien aber keine großen Gefäße verletzt worden und es sei keine OP notwendig gewesen. Die Bilder der Verletzung werden in Augenschein genommen. Wieder versucht der Richter die Position des Zeugen vor der Bühne genau zu klären.

Als letzter Zeuge für diesen Prozesstag berichtet Hendrik N., 64, der zusammen mit Michael K. vor der Bühne stand, aus seiner Erinnerung heraus von dem Geschehen. Ihn habe die Musik mitgerissen. Die Musiker hätten sich fast in Trance gespielt. Es gab Aufruhr, Bewegung, Schreie. Ich habe das nicht wahrgenommen. Er und Michael K. hätten sich fragend angeschaut. Es gab einen Stopp in der Mitte der Bühne. „Ich habe das überhaupt nicht verstanden.“. Dann habe sich das Knäuel vor der Bühne aufgelöst. Da habe es jemanden gegeben, der wegelaufen sei. Er und Michael K. hätten sich gedreht. „Wir standen Schulter an Schulter.“. Dann habe sich Michael K. an die Schulter gefasst. „Ich habe dann einen Filmriss.“. „Ich muss jetzt irgendwo Hilfe holen.“. „Das da Menschen reanimiert wurden, das habe ich gesehen.“. Ein Polizist habe seine Personalien aufgenommen. Er selbst sei körperlich nicht verletzt worden. Er sei in Psychotherapie. Er habe nur einen Aufprall gespürt. Er habe dem Täter einmal kurz in die Augen geschaut. Er habe den Mann im Rahmen seiner Therapie mehrmals gezeichnet. „Das ist ein Soldat, der auf mich losgegangen ist.“. Auf die Frage des Richters, ob er wieder Vollzeit beschäftigt sei, erklärt er er sei nicht mehr so belastbar wie vorher. „Es hat mein Leben wirklich verändert!“. „Ich muss Ihnen noch etwas zeigen.“ erklärt der Richter und nimmt eine Jacke mit Einstichen in Augenschein. „Das ist meine Jacke.“ bestätigt der Zeuge. Der Richter versucht auch hier die genaue Position des Zeugen vor der Bühne zu klären.

Die Unterbrechung

Eigentlich wäre der Prozesstag damit wohl zu Ende gewesen, doch der Verteidiger beantragt nach der Vernehmung des Zeugen überraschend noch eine Unterbrechung. Nach der Unterbrechung erklärt der Verteidiger, dass der Angeklagte Angaben zum Verbleib eines zweiten Mobiltelefons gemacht habe, die er dem Gericht im Anschluss im Detail bekannt geben werde. Weiterhin habe er Angaben zu der gelben Regenjacke, die dem Angeklagten bei seiner Festnahme getragen habe und die ihm nicht gehöre, gemacht. Er habe diese entwendet, weil ihm kalt gewesen sei. Der Angeklagte wolle auf Google Maps Angaben machen, wo er die Nacht verbracht habe.

Der Angeklagte bestätigt dem Richter „Ja, das stimmt.“.

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