Mouhamed Dramé 14 Prozesstag

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Am 14. Prozesstag haben sich deutlich weniger Besucher vor dem Besuchereingang des Dortmunder Landgerichts versammelt. Die Reihen im Saal 130 waren nur dünn besetzt. In den vorhergehenden Terminen waren die Besucherplätze meist mehr als vollständig besetzt. Die Verhandlung beginnt mit der Einlassung der Polizistin, die das Pfefferspray (RSG8) gegen Mouhamed Dramé eingesetzt hat. Sie macht zunächst die Angaben zur Person. Die Polizistin hat 2016 in Hagen bei der Polizei angefangen und ist seit 2019 in der Dortmunder Nordwache tätig. Die Polizistin schildert daraufhin allgemein die Geschehnisse aus ihrer Sicht. Wir beschränken uns auf die Aussagen, die einen wesentlichen Erkenntnisgewinn erlauben.

Ziel sei es gewesen, dass Mouhamed durch den Einsatz des Pfeffersprays das Messer fallen lässt und so ein Zugriff ermöglicht wird. Die Angeklagte erklärte in der Ausbildung Pfefferspray selbst „ausprobiert“ und so einen Eindruck von der Wirksamkeit bekommen zu haben. Sie habe keine Bedenken in Bezug auf den Einsatz des Pfeffersprays gehabt und habe in dem Moment den Pfeffersprayeinsatz auch nicht hinterfragt. Die Angeklagte habe weder das Gesicht von Mouhamed noch das Messer gesehen. Sie habe aber gewusst, dass ein Messer im Spiel sei. Sie sei erst auf den „Befehl“ des Einsatzleiters vorgerückt und habe dann aus 4-5 Metern Entfernung das Pfefferspray gezielt auf den Kopf von Mouhamed abgegeben bis eine Reaktion von Mouhamed erfolgte. Das Pfefferspray sollte „schlagartig“ eingesetzt werden. Daher sei der Einsatz des Pfeffersprays nicht vorher angedroht worden.

Auf Nachfrage der Anwälte der Nebenklage gibt die Angeklagte an, dass ihr bewusst sei, dass es Personengruppen gibt, auf die Pfefferspray nicht wie gewünscht wirkt, etwa Personen unter Drogeneinfluss.

Die Nebenklage wirft die Fragestellung auf warum sich die Angeklagte nicht dem „Befehl“ des Einsatzleiters widersetzt habe. Die Angeklagte verweist hier darauf, dass eine erhebliche Anzahl erfolgreicher Einsätze mit dem Einsatzleiter absolviert hätte und sie keine Bedenken in Bezug auf den Einsatz des Pfeffersprays gehabt habe.

Die Nebenklage fragte nach der Schutzausrüstung der Polizei, die gegen Messerangriffe schützt. Hier gab die Angeklagt nur die Schutzweste an.

Da es ein Beweisverwertungsverbot für die Protokolle der Vernehmungen der Angeklagten noch als Zeugen gibt, fragte die Nebenklage die Angeklagte nun nach der Dauer ihrer Vernehmung und der Länge des daraus erstellten Protokolls. Die Dauer gab die Angeklagte mit 2-3 Stunden an und den Umfang mit 3-4 Seiten. Effektiv sollen es wohl nur 1,5 Seiten gewesen sein.

Die eigenwillige Art der Fragestellung der Vertreter der Nebenklage brachten die Angeklagte wohl aus der Fassung. Die WAZ berichtet von Suggestivfragen und dass der Staatsanwalt das Verhör stoppt. Der Verteidiger regte eine kurze Verhandlungsunterbrechung an. Die Angeklagte hat sich dann aber doch noch gefangen.

Die Zeugen

Die Zeugen, zwei Sozialarbeiterinnen der Jugendhilfeeinrichtung in der Mouhamed kurz zuvor untergebracht worden war, werden dem Ritual folgend belehrt.

An zwei Aussagen der ersten Zeugin erhitzen sich die Gemüter von Staatsanwalt und Verteidiger.

Die erste Aussage betrifft die Geschwindigkeit, mit der sich Mouhamed auf die Polizisten zubewegt haben soll und die Messerhaltung. Die Zeugin gibt an Mouhamed sei langsam mit den Armen und der Klinge nach unten auf die Polizisten zugegangen. Sie möchte nicht, dass er schneller gewesen sei. „Ich möchte nicht, dass hier der Eindruck entsteht, er sei gerannt“. Sie nimmt dabei Bezug auf Internetforen, wo der Fall kommentiert wird.

In Bezug auf die erste Aussage gibt der Staatsanwalt der Zeugin deutlich zu verstehen „Wir wollen wissen, wie es gewesen ist, …“, „Es geht hier nicht darum, was sie möchten“. Er merkt an, dass der Smart zwischen der Zeugin und dem Geschehen stand. In der polizeilichen Vernehmung soll die Zeugin zudem die Messerhaltung mit nach vorne gerichtet angegeben haben.

In ihrer zweiten Aussage berichtet die Zeugin, dass Mouhamed versucht habe sich selbst Hilfe zu suchen. Hier ist der Stein des Anstoßes die pauschale Aussage der Zeugin, dass Mouhamed einfach „weggeschickt“ worden sei.

Der Staatsanwalt fragt die Zeugin „Wie kommen Sie zu der Erkenntnis?“. Er erklärt der Zeugin, dass Mouhamed zu einer Polizeiwache gegangen sei, die ihn mit einem RTW in eine Klinik verbringen ließ. Dort sei er durch Psychologen mit Hilfe eines Dolmetschers begutachtet worden.

Am Ende führt einer der Verteidiger in einer längeren Erklärung aus, dass er die Aussage dieser Zeugin wohl für eine intentionale Falschaussage hält, die sie möglicherweise auf Grundlage einer bestimmten Gesinnung getätigt habe.

Die zweite Zeugin war zum Zeitpunkt der Vorfalls Studentin im Praxissemester. Sie konnte zum eigentlichen Geschehen kaum nennenswerte Angaben machen. Sie befand sich wohl mit der ersten Zeugin im selbem Raum.

Wie geht es weiter?

Im nächsten Termin soll es eine weitere Einlassung einer der Angeklagten geben.

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