Am 6 Prozesstag gegen Klimakleber Malte N. werden wieder zahlreiche Zeugen zu einigen der 20 Straftaten, die Malte N. zur Last gelegt werden, gehört. Neben den „üblichen“ Vernehmungen von Polizisten zu Straßenblockaden sind folgende Punkte besonders hervorzuheben.
Der Flughafen Düsseldorf (DUS)
Der 57-jährige Verkehrsleiter des Flughafens Düsseldorf, Duty Traffic Manager steht auf seiner Warnweste, soll zunächst seine Tätigkeit beschreiben. Er erklärt, dass er im Innendienst für alle operativen Prozesse am Flughafen zuständig ist.
Er schildert dann sehr detailliert, wie sich die Abläufe aus seiner Sicht dargestellt haben, angefangen mit dem Anruf der Landespolizei um 5:45 Uhr mit Bezug zu Klimaaktivisten. Um 5:55 Uhr war dann klar, dass 10 Klimaaktivisten den Zaun überwunden und in Richtung Bahn unterwegs seien. Da Gefahr für Leib und Leben bestand musste der Flugbetrieb gestoppt werden, d.h. keine Starts und Landungen mehr, Landefreigaben werden widerrufen. Die Entscheidung ob die Flugzeuge dann um den Flughafen kreisen oder auf andere Flughäfen ausweichen träfen die Piloten eigenständig. Um 6:10 Uhr habe man geprüft, ob man die Nordpiste nutzen könne. Man habe nur 7 von 9 Klimaaktivisten lokalisieren können, so dass ein Helikopter mit Wärmebildkamera eingesetzt worden sei. Um 7:20 Uhr habe die Nordpiste dann den Betrieb aufgenommen.
Es wurde geklärt, wo genau sich die Klimaaktivisten festgeklebt haben. Der Verkehrsleiter erklärte, dass sich Klimaaktivisten an der CAT I Linie und an den CAT II und CAT III Linien festgeklebt hätten. Die CAT I Linie definiert den Schutzbereich der Landebahn bei gutem Wetter, CAT II und CAT III analog bei schlechtem Wetter. Im Schutzbereich der Landebahn dürfen sich keine physischen Hindernisse befinden.
Dann ging es noch um den durch die Klimaaktivisten hervorgerufenen Schaden. Der Verkehrsleiter ging allein für den Flughafenbetreiber durch ausgefallene Flüge von einer Schadenshöhe von etwa 40.000EUR aus, die wohl in einem Zivilprozess geltend gemacht würden. Den möglichen Schaden bei der DFS (Deutsche Flugsicherung), Eurowings oder Lufthansa könne er nicht angeben. Es habe nur eine Umleitung nach Köln gegeben und 63 Flüge seien verspätet gewesen.
Um 9:30 sei die Startbahn wieder frei gewesen.
Der 56-jährige Verkehrsleiter im Außendienst wiederholte im Wesentlichen die schon gemachten Angaben des Innendienstes. Er gab ergänzend an, dass es sich bei dem Kleber wohl um ein Quarz-Harz Gemisch gehandelt habe und nicht um normalen Sekundenkleber. Einer der Aktivisten habe sich 20 bis 30cm im Schutzbereich CAT I festgeklebt, der durch 4 etwa 10cm breite Linien markiert ist ähnlich der Markierung auf normalen Straßen.
Der Richter fragte noch ob der Ort für das Festkleben taktisch gewählt worden sei, woraufhin der Zeuge erklärte „Wenn man einen Flughafen lahmlegen will, dann da!“.
Das Rathaus in Hamburg
Bei der Farbsprühaktion am Hamburger Rathaus ist neben dem Rathaus selbst auch eine Frau mit Farbe besprüht worden. Diese sei traumatisiert. Der Richter verlas nach Beratung mit dem Verteidiger von Malte M. und entsprechendem Beschluss nach § 251 StPO „Urkundenbeweis durch Verlesung von Protokollen“ eine schriftliche Stellungnahme der Geschädigten. Auf eine Vernehmung der Frau als Zeugin wurde allseitig verzichtet wohl um diese nicht weiter zu traumatisieren.
Sie habe vor dem Haupteingang des Rathauses gestanden und sei mit Farbe besprüht worden. Es habe 4 bis 5 Stunden gedauert die Farbe abzuwaschen. Einige Kleidungsstücke seien beschädigt worden. Sie leide nun unter Schlafstörungen.
Der Richter verlas dazu auch noch die Strafanzeige der Stadt Hamburg wegen Sachbeschädigung sowie drei Rechnungen für die Gebäudereinigung bzw. Reparatur. Die Gesamtkosten dürften hier wohl über 15.000EUR liegen. Aus der Strafanzeige ging hervor, dass die Frau großflächig im Gesicht und an der Kleidung mit Farbe besprüht wurde.
Die Experten
Der Verteidiger von Malte M. hatte am 3. Prozesstag wohl angeregt zwei „Experten“ für die „Angemessenheit“ und „Wirksamkeit“ von Protesten zu hören. Richter und Verteidiger diskutierten, inwieweit ein Beweiserhebungsantrag Aussicht auf Erfolg habe. Der Richter sah durch die Vernehmung von Protestforschern keinen möglichen Erkenntnisgewinn. Entscheidend sei, ob eine Tat zu einem bestimmten Zeitpunkt erlaubt sei oder nicht. Der Verteidiger versuchte darzulegen, dass, wenn durch eine Straftat eine Verhaltensänderung bei den Menschen ausgelöst würde, dieser dann die Verwerflichkeit fehle. Die Tat also im Nachhinein gerechtfertigt wäre. Der Richter blieb dabei, dass die Vernehmung eines Soziologen keinen Erkenntnisgewinn bringen würde.
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