Amtsgericht Osnabrück – Die Beleidigung der Alice Weidel

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Der Angeklagte hat Widerspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt. Damit landet der Fall vor dem Amtsgericht Osnabrück. Es geht um zwei Fälle der Beleidigung von Alice Weidel. In beiden Fällen hat Alice Weidel einen entsprechenden Strafantrag gestellt. Der Angeklagte macht zunächst die üblichen Angaben zu seiner Person. Der Staatsanwalt wirft dem Angeklagten die im Strafbefehl aufgeführten Beleidigungen von Alice Weidel vor. Auf X soll der Angeklagte einen Pressebericht zu der Corona-Erkrankung von Alice Weidel mit den Worten kommentiert haben „Karma ist ne Nazi-Schlampe“ und einen weiteren Artikel über Sarah Wagenknecht und Alice Weidel, wo es um den Ukrainekrieg ging, mit „Putinknecht und Nazi-Schlampe“.

Die Verteidigung

Der Angeklagte macht nur über seinen Verteidiger Angaben zur Sache. Der Verteidiger erklärt, der Angeklagte räume ein, dass es sich um seinen X Account handelt und dass er die Posts erstellt habe.

Der Verteidiger versucht formal den Strafantrag zu erschüttern. Er bezweifelt die Echtheit der Unterschrift von Alice Weidel und möchte dies durch den Vergleich mit öffentlich zugänglichen Abbildungen der Unterschrift von Alice Weidel belegen. Der Richter skizziert den Verlauf wie es zu den Strafanträgen kam und es werden die Unterschriften in Augenschein genommen. Der Richter sieht aber keine Veranlassung dem weiter nachzugehen.

In Bezug auf den ersten Post „Karma ist ne Nazi-Schlampe“ erklärt der Verteidiger, dass „Nazi-Schlampe“ sich nicht auf Alice Weidel beziehe, sondern auf das „Karma“, angelehnt and den Ausspruch „Karma is a bitch“. Es sei dem Angeklagten nicht um Alice Weidel persönlich gegangen.

In Bezug auf den zweiten Post „Putinknecht und Nazi-Schlampe“ verweist der Verteidiger auf die sogenannte „Hufeisentheorie“.

Es werden Screenshots der Posts in Augenschein genommen.

Der Verteidiger verwies noch auf die „Extra 3 Entscheidung“. Der Verteidiger erklärt, er habe seinem Mandanten klar gemacht, dass man Alice Weidel nicht einfach „Nazi-Schlampe“ nennen dürfe, auch wenn in den Medien manchmal dieser Eindruck erweckt würde. Sein Mandant wolle auch nicht dafür kämpfen Alice Weidel „Nazi-Schlampe“ nennen zu dürfen. Sein Mandant wolle den Begriff nicht wieder verwenden.

Das Landgericht Hamburg hat einen Antrag von Alice Weidel auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Norddeutschen Rundfunk zurückgewiesen, der sich gegen eine Äußerung in der NDR-Sendung „extra 3“ vom 27.04.2017 richtete. Alice Weidel wurde in der Sendung als „Nazi-Schlampe“ bezeichnet. Nach der Entscheidung des Gerichts handelt es sich im konkreten Fall um Satire, die im vorliegenden Kontext von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Alice Weidel stehe im Blickpunkt der Öffentlichkeit und müsse auch überspitzte Kritik hinnehmen. (Beschluss vom 11.05.2017, Az.: 324 O 217/17)

Das Plädoyer des Staatsanwalts

Für den Staatsanwalt hat sich der Tatvorwurf bestätigt. Er sehe eindeutig den Bezug zu Alice Weidel. Daher fordert der Staatsanwalt jeweils 15 Tagessätze pro Tat, welche er dann zu einer Gesamtstrafe von 25 Tagessätzen zusammenfasst.

Das Plädoyer des Verteidigers

Der Verteidiger wiederholt im Wesentlichen die Punkte, die er zuvor schon angeführt hat und fordert Freispruch in beiden Fällen. Der Angeklagte schließt sich den Ausführungen des Verteidigers an.

Das Urteil

Der Angeklagte wird verwarnt. Der Richter sieht 2 mal 10 Tagessätze und daraus eine Gesamtstrafe von 15 Tagessätzen als ausreichend an, die 1 Jahr zur Bewährung ausgesetzt werden. Dem Richter fehlt insbesondere für den Teil „Schlampe“ der Sachbezug und daher sieht er eine Beleidigung als gegeben an. Positiv wertete der Richter wohl, dass der Angeklagte den Vorwurf in der Sache nicht bestritten hat und dass er einsichtig ist. „Die Sensibilisierung ist da.“

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