Dara Marc S., „Der Dara“ linker YouTuber mit 66.000 Abonennten, ist leider nicht da. Sein Rechtsanwalt, Yannick Hoppe, von der Kölner Anwaltskanzlei Brost Claßen ist zeitig vor Ort im Landgericht. Ebenso ist der Kläger, Tim Kellner rechter YouTuber mit über 600.000 Abonennten, nicht anwesend. Der wird wohl durch die Haintz legal Rechtsanwalts-GmbH vertreten. Die konkreten Äußerungen von Dara Marc S., für die Tim Kellner ein Unterlassungserklärung möchte, möchte ich in dem Folgenden nicht nennen. Ich gebe nur den Verlauf der Verhandlung und die Argumentationen der Rechtsanwälte bestmöglich wieder.
Die „Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung“
Es gibt wohl einen Zahlendreher in den Einwahldaten für die Teilnahme an der „Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung“, wie es offiziell genannt wird. So meldet sich zunächst eine Rechtsanwältin der Kanzlei und kurz darauf Rechtsanwalt Markus Haintz selbst per Video auf dem im Gerichtssaal aufgebauten Fernseher. Es ist das erste Mal, dass ich und eine ebenfalls anwesende Redakteurin einer Lokalzeitung eine Verhandlung mit der Zuschaltung eines Anwalts per Video erleben. Die Art der Verhandlung per Video passt irgendwie zu dem Beef der beiden YouTuber. Dennoch ist das Format gewöhnungsbedürftig. Ein Anwalt vor Ort wirkt meiner Meinung nach einfach besser. Gäbe es diese Möglichkeit für die Presse hätte ich mir die lange Anfahrt ersparen können.
Die Unterlassungserklärung(en)
Bereits vor dem Prozess hat Dara Marc S. Unterlassungsklärungen für einige seiner Äußerungen abgegeben und sein YouTube-Video entsprechend angepasst erklärt uns sein Anwalt nach dem Prozess. Im Prozess geht es am Ende nur noch um zwei Äußerungen, für die Tim Kellner eine Unterlassungserklärung verlangt. In dem Schriftsatz von Rechtsanwalt Markus Haintz sind die Teile unterstrichen, die untersagt werden sollen. Der Rest ist Kontext. So ist das wohl üblich.
Den Wunsch nach Unterlassungserklärungen für weitere Äußerungen von Dara Marc S. hat Rechtsanwalt Markus Haintz in einem Schriftsatz, der wohl noch um 23:40 Uhr am Vortag bei Gericht einging, zurückgenommen. Dara Marc S. Anwalt erklärt, dass der Schriftsatz ihn „erreicht“ habe.
Eine einvernehmliche Regelung wird von beiden Parteien abgelehnt.
Dara Marc S. Anwalt sieht wohl ein Problem bei der Dringlichkeit. Es gehe ja um einstweiligen Rechtsschutz.
Tatsachenbehauptung oder „Falschzitat“
Bei der ersten Äußerung für die Unterlassung verlangt wird, geht es wohl darum, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder ein „Falschzitat“ handelt. Markus Haintz meint, dass suggeriert würde, dass sein Mandant das gesagt habe. Aus dem Kontext gehe hervor, dass es sich um ein eigenes Werturteil seines Mandanten über die Ansichten des Klägers handelt, erklärt Dara Marc S. Anwalt.
Dieser Punkt geht laut dem inzwischen ergangenen Urteil an den Beklagten, Dara Marc S..
Ist der Verfassungsschutz eine privilegierte Quelle?
Bei der zweiten Äußerung stellt der Richter fest, dass sich die Anwälte über den Kontext nicht einig seien. Dara Marc S. Anwalt erklärt, dass der Verfassungsschutz als Behörde eine privilegierte Quelle sei. Sein Mandant habe die Aussagen des Verfassungsschutzes übernehmen dürfen, ohne die nochmal zu überprüfen. Sein Mandant habe die Aussagen des Verfassungsschutzes in seiner eigenen Aussage „subsumiert“. Rechtsanwalt Markus Haintz hält dagegen, dass der Verfassungsschutz politisch gesteuert und weisungsgebunden sei. Daher sei der Verfassungsschutz aus seiner Sicht keine privilegierte Quelle.
Die Argumentation um die privilegierte Quelle erscheint mir von Daras Anwalt eher vorgeschoben. Genauso wie die Erwiderung von Markus Hainz aus meiner Sicht eher einen politischen Hintergrund hat. Wie der Ausdruck „subsumiert“ vermuten lässt, handelt es sich wohl nicht um eine Eins zu Eins Übernahme einer Aussage des Verfassungsschutzes. Damit dürfte es für die Urteilsfindung wohl nur bedingt darauf ankommen, ob der Verfassungsschutz eine privilegierte Quelle ist oder nicht.
Der Punkt geht nach dem inzwischen vorliegenden Urteil an Tim Kellner. Könnte man von einer fehlerhaften Subsumption sprechen? Dazu wird sich wohlmöglich in der Urteilsbegründung, die noch nicht vorliegt, etwas finden lassen. Für den Fall der Zuwiderhandlung – sollte DerDara diese Passage also nicht aus dem veröffentlichten Youtube-Video löschen oder erneut an anderer Stelle die Behauptung wiederholen – droht ihm „eine Strafe von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft“.
Was ist eine privilegierte Quelle
Eine privilegierte Quelle ist im Journalismus eine Informationsquelle, deren Angaben ein Journalist mit besonderem Vertrauen und einer gewissen Glaubwürdigkeit begegnet, ohne sie umfassend selbst überprüfen zu müssen. Privilegierte Quellen sind oft offizielle Stellen, wie Nachrichtenagenturen (z. B. dpa, Reuters), staatliche Behörden (z. B. Staatsanwaltschaften, Polizei) und Gerichtsstellen. Im Zweifel muss man aber trotzdem prüfen, ob eine Information plausibel und verlässlich ist. Es ist also besser die Aussage nicht als die eigene und als absolute Tatsache darzustellen, sondern die Quelle zu nennen, in dem Fall also etwa „Laut Verfassungsschutz ist …“.
Die Anträge
Die Anträge der Anwälte fallen erwartungsgemäß aus.
Das Urteil
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dara Marc S. hat in einem Video angekündigt möglicherweise in Berufung zu gehen. Die Kostenentscheidung sieht vor, dass Tim Kellner 2/3 und Dara Marc S. 1/3 der Kosten des Rechtsstreits trägt.
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Quelle
Der Autor im Gerichtssaal.




