Der 48-jährige Emsdettener soll mit einem Etikettiergerät ein „Pro-Hamas Flugblatt“ erstellt, dieses 1000-mal kopiert und am 18. Mai 2024 an verschiedenen Stellen in Emsdetten und Münster verteilt haben. In dem Flugblatt soll laut einem Bericht der Westfälischen Nachrichten der gewalttätige Umgang der palästinensischen Terrororganisation Hamas mit Menschen der LGBTQ-Community bejubelt worden sein. Laut dem Presseportal der Polizei hatte der Staatsschutz der Polizei Münster Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts des Straftatbestandes der Volksverhetzung aufgenommen.
Am 5. Juni 2024 erfolgte dann eine Hausdurchsuchung bei dem Emsdettener, wobei zwei Mobiltelefone, ein Laptop und das Etikettiergerät sichergestellt wurden.
Der Emsdettener wurde schließlich vom Amtsgericht Rheine wegen Verstoß gegen § 130 StGB Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von150 Tagessätzen verurteilt.
Die Berufung
Dagegen wehrt sich der Angeklagte Emsdettener nun in der Berufungsverhandlung am 11.02.2025 vor dem Landgericht Münster.
Der Verteidiger des Angeklagten erklärt sein Mandant sei missverstanden worden. Der Anklagevorwurf sei einfach falsch. Der Angeklagte setze sich für Meinungsfreiheit ein. Die LGBTQ for Gaza würde wohl von den Machthabern dort vom Dach geworfen. Diesen Widerspruch habe er anprangern wollen. Es handele sich um Sarkasmus. Der Verteidiger verglich das mit der Kritik Böhmermanns an Erdogan. Sein Mandant habe sagen wollen „Pass doch mal auf!“, „Überlegt doch mal!“. Sein Mandant habe eine sehr aggressive Wortwahl. Es handele sich um polemische Kritik, aber nicht gegen die LGBTQ gerichtet. Die Kritik sei unglücklich formuliert.
Das vom Angeklagten erstellte Flugblatt wurde als Kopiervorlage und als Kopie in Augenschein genommen. Es wurden zwei Chatverläufe verlesen, in denen der Angeklagte sich mit seiner Tat brüstet „War ein böser Junge.“, es als schwarzen Humor darstellt und erklärt, er habe keine Straftat begangen. Insbesondere berief er sich auf einen Artikel von Jan Fleischauer, der sich kritisch mit dem Thema beschäftigte.
Der Bundeszentralregisterauszug wurde verlesen, ohne Einträge.
Damit schloss der Richter die Beweisaufnahme.
Das Plädoyer der Verteidigung
Im Plädoyer blieb der Verteidiger bei seiner schon vorgetragenen Strategie. Der Angeklagte sei im Sachverhalt geständig. Was bezwecke er aber mit seinen Aussagen. Diese müssten auch schockieren. Der Flyer triefe von Sarkasmus. Die Sprache sei so extrem, dass man sie nicht ernst nehmen könne. Die Hamas werfe Schwule von Dächern. Der Angeklagte sei sehr wütend gewesen. Der Verteidiger stellte die Frage, wem soll das Verfahren dienen? Der Angeklagte habe diesen Menschen helfen wollen. Die Absichten des Angeklagten seien ganz eindeutig. Es sei Islamkritik gewesen.
Daher beantragte der Verteidiger Freispruch.
Das Plädoyer des Staatsanwalts
Der Staatsanwalt führte aus, dass der Angeklagte eine Volksverhetzung zumindest billigend in Kauf genommen habe. Das Teilgeständnis bewertete er positiv, die Reichweite wertete er strafverschärfend.
Das letzte Wort
Der Angeklagte gab in seinem letzten Wort an, dass es ihm leidtue. Er sei Demokrat. Er sei für Israel. Heute würden nur noch populistische Aussagen Wirkung zeigen. Wo bleibe der gesunde Menschenverstand?
Das Urteil
„Das Urteil des Amtsgericht Rheine wird aufgehoben.“
Der Richter stellte auf die Absicht des Angeklagten ab. Der Angeklagte habe den Menschen den Spiegel vorhalten wollen. Das habe der Angeklagte konstant angegeben. Der vom Angeklagten im Chatverlauf angeführte Artikel von Jan Fleischauer ginge da in die gleiche Richtung. Der Richter war sich wohl sicher, dass das Urteil Bestand haben werde, der Staatsanwalt könne aber noch Revision beantragen. Allerdings ging der Richter davon aus, dass das Flugblatt eindeutig eine Aufforderung zur Gewalt enthalte und somit eine Wiederholung der Aktion nicht angezeigt sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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