Amtsgericht Essen – Vermummungsverbot

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Tobias H. aus Leipzig soll auf der Demo gegen den AfD Parteitag in Essen am 29.06.2024 gegen das Versammlungsgesetz § 27 Absatz 2 Satz 2 oder kurz das Vermummungsverbot verstoßen haben. Er soll durch Tragen eines roten Schlauchschals die Möglichkeit der Feststellung seiner Identität verhindert haben. Am 01.11.2024 hat Tobias H. Einspruch gegen einen entsprechenden Strafbefehl eingelegt. Nach den üblichen Angaben zu seiner Person erklärt seine Verteidigerin, dass er keine Äußerungen zur Sache tätigen werden.

Die Richterin nimmt mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung Fotos und Videos am Richtertisch in Augenschein. Im Zuschauerraum hört man die Sprechchöre mit den „üblichen“ Parolen. Die Verteidigerin merkt bei einem Video an, dass ihr Mandant darauf überhaupt nicht zu erkennen sei. Die Richterin will den Angeklagten trotz Vermummung erkennen. Die Richterin sucht dann einige Zeit nach dem nächsten Video, was die Verteidigerin nutzt. Sie stellt einen Antrag auf eine kurze Unterbrechung und berät sich mit ihrem Mandanten auf dem Flur. Als sie mit dem Angeklagten wieder im Gerichtssaal erscheint, möchte sie noch einen Antrag stellen.

Die Verteidigerin stellt einen sogenannten Befangenheitsantrag nach § 24 Abs. 2 StPO. Sie begründet diesen damit, dass die Richterin den Angeklagten auf einem Video erkannt haben will, obwohl die Person dort vermummt war. Damit bestünde die Gefahr, dass ihr Mandant für die Richterin als Täter bereits feststehe. Die Richterin merkt noch an, dass sie sich im Vorfeld der Verhandlung ja mit den Fotos und Videos beschäftigt habe und so den Angeklagten wiederkennen könne.

Nach einer Unterbrechung erklärt die Richterin, der Beschluss über den Befangenheitsantrag werde zurückgestellt, was für den Angeklagten keine negativen Folgen habe. Es wird dann noch ein Video am Richtertisch in Augenschein genommen. Am Ende gibt die Richterin einen Fortsetzungstermin am 05.02.2025 bekannt. Bis dahin sei über den Befangenheitsantrag entschieden.

Wird der Antrag abgelehnt, bleibt der Richter oder die Kammer im Verfahren und das Verfahren geht weiter. Wird der Antrag angenommen, muss der befangene Richter zurücktreten. Das Verfahren wird dann von einem anderen Richter oder einer anderen Kammer fortgeführt.

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